Was für eine Gartensaison! Wer selbst Obst und Gemüse im Garten hat, weiß, was ich meine. Ein sehr warmer April bewirkte einen Vorsprung von drei Wochen, dann aber kam der Wintereinbruch im Mai, der die Kirschen und Zwetschken in unserem Hausgarten vernichtete. Daraufhin folgte eine ganze Reihe an Herausforderungen im Küchengarten am Hattingerberg. Gerade als das Frühsommergemüse sich langsam aber doch von dem Schnee im Mai erholte, kamen Engerlinge, die Kartoffeln, Bohnen, Radieschen, Rohnen, Karotten und einiges mehr als herrliche unterirdische Festtafel entdeckten. Die kühle und nasse Phase im Juli-August machte es für wärmeliebende Sorten im Freiland schwer. Mitte August, als der erhoffte warme Spätsommer begann, habe ich meinen Fuß gebrochen.
Ein Monat ohne Pflege macht viel aus und der Küchengarten ist zum Dschungel geworden. Das tut der Gärtnerin weh, aber nicht unbedingt dem Garten. Es ist viel zu beobachten, zum Beispiel die natürlichen Muster von selbstgesäten Pflanzen. Manche bleiben am gleichen Ort, andere wandern zum nächsten Beet. Dort, wo Wildkraut wachsen durfte, gab es weniger Verluste durch Engerlinge. Königskerzen beförderten das Wachstum ihrer Nachbaren und fütterten Bienen und Co. Selbstgesäter Spinat keimte im August, ein Zeichen für eine relativ niedrige Bodentemperatur. Kurz darauf sprossen ganz viele andere „Freiwillige“ aus dem Boden, von Wintersalat und Wasabi-Rauke zu Petersilie und asiatischen Blattsenfsorten. Auch die Mischkultur zeigte Vorteile: dort, wo Rukola neben Minze gewachsen ist, gab es unverzerrte Blätter. Mangold war glücklich in der Nähe von Lauch. Besonders spannend sind die selbstgesäten Wild- und Kirschtomaten, die im Freiland gedeihen und mit der Reife im September begannen. Ihr natürlicher Start Anfang Juni scheint eine gute Strategie gegen Braunfäule zu sein und allzu viel später waren sich auch nicht als die mühsam herangezogenen Tomatenjungpflanzen, die Zeit brauchten, sich an der neuen Umgebung anzupassen.
All das betrachte ich als Geschenk der Natur, die ihren eigenen Regeln folgt, wenn sie die Chance hat.
Nun war heute der erste ordentliche Frost am Hattingerberg. Mein Rundgang zeigte gerade, dass fast alles wohlauf ist und wenn das Wetter halbwegs mild bis November ist, wird es eine gute Ernte für Abo-Kunden geben. Ich staune immer noch, denn in meiner Kindheit erklärten wir im September die Gartensaison für beendet. Nach alten Sitten gruben wir unseren großen Gemüsegarten nochmals um, damit er im Winter „ruhen“ konnte. Inzwischen weiß ich, dass diese Praxis für das Bodenleben alles andere als förderlich ist, und dass der Herbst eigentlich ein Neubeginn ist. Die Aussaatliste widerspiegelt dem Frühling: Kühlwetterfreunde wie Spinat, Salat, Rucola Blattsenf, Kresse, Erbsen, Radieschen, Rettich, Mairüben, Rohnen, Mangold, Jungzwiebeln und einiges mehr gedeihen im Herbst und halten Frost gut aus. Auch der erste Vogerlsalat und Kerbel zeigten sich Mitte September im Küchengarten. Natürlich auch alle Kohlarten, von Grünkohl und Kopfkohl zu Rosenkohl und Wirsing, werden erst nach dem Frost den Zucker produzieren, der ihnen als natürlicher Frostschutz dient und uns schmeckt.
Wie jedes Jahr säte ich im August Bohnen, Zucchini und Gurken für eine Herbsternte - immer ein Wettspiel, denn bei einem frühen Frost sind sie gleich hin. Heuer scheint das Glück auf meiner Seite zu sein. Obwohl die Bohnen von einem Hirsch gefressen wurden, hat der heutige Gartenrundgang gezeigt, dass die Zucchini den Frost überlebten und werden einige Früchte noch tragen können.
Weil hier viele Hobby-Gärtner/innen immer wieder besuchen, einige Tipps für den Garten im Herbst:
- Gute Mischkultur: Wer Erdbeeren für nächstes Jahr anbaut, kann bis Ende September oder gleich im Frühjahr zwischen den Pflanzen Spinat aussäen.
- Wer Kürbis im Garten erntet: Erntereif ist noch nicht essreif! Jede Sorte ist anders, aber die meisten profitieren von einer Reifephase nach dem Ernten, einerseits um die Schale abzuhärten, andererseits um Kohlenhydrate in Zucker umzuwandeln. Optimale Lagerung ist bei 10-15 Grad Celsius mit einer Luftfeuchtigkeit von 50-70%. Weil gelagerter Kürbis Kohlendioxid ausatmet, ist es ratsam, immer wieder durchzulüften.
- Die Faustregel bei „Natur im Garten“: Erst im Frühjahr die Gartenfläche räumen. Wurzeln und Blattmaterial sind wertvolle Nahrungsquellen für das Bodenleben und schützen den Boden. Auch Wildkräuter wie Löwenzahn produzieren Kohlenhydrate für Würmer und Co; ich entferne sie erst vor der Samenbildung im nächsten Jahr.
- Gartenabfall im Herbst ist optimal als Mulch für den Garten, ob Hackschnitzel oder Blätter – viel zu wertvoll, auszuwerfen!
- Ende Oktober bis Mitte November ist Zeit, Knoblauch und Saatzwiebeln auszusetzen. Auch in tiefen Töpfen, die im Winter nicht austrocknen, kann es gelingen und ist nebenbei eine schöne Aufgabe mit Kindern, um die natürlichen Zyklen bewusst zu erleben.
Die Bilder unten sind von Oktober 2018 und zeigen, was der Herbst in sich hat. Genauere Infos dazu sind in den Untertiteln!
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ubaTaeCJ (Sonntag, 21 August 2022 01:32)
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